1. Ist es nicht schon viel zu spät?
Nein. Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist bindend, d.h., dass nicht weiter geplant werden darf, wenn mindestens 8% der Wahlberechtigten mit eine „Ja“ stimmen und weniger mit „Nein“. Die Kommunalaufsicht hat im Dezember 2013 das Bürgerbegehren endgültig für zulässig erklärt, da es noch keinen Bebauungsplanentwurf gibt (der Vorentwurf aus dem Oktober reicht nicht aus).
Das Gelände ist auch ohne die Bewirtschaftung durch Kleingärtner ein wertvoller Teil des Kieler Grüngürtels. Die derzeitigen Maßnahmen dürfen sich nur gegen die Lauben richten, die grundsätzliche Parzellenstruktur muss mit wenigen, genehmigten Ausnahmen erhalten bleiben.
Übrigens kommt unser Protest auch nicht erst jetzt, sondern besteht bereits seit August 2011. Mit einer Vielzahl von Presseerklärungen (die aber vielfach von den Kieler Nachrichten ignoriert wurden), mehrfachen E-Mails an sämtliche Ratsabgeordneten und (seit Januar 2012) mit einer eigenen Webseite zum Thema begleitet die Arbeitsgruppe beim BUND die Ansiedlungspläne. Björn Sander ist erst von seinen Ämtern, dann auch als Ratsabgeordneter der Grünen zurückgetreten aufgrund des Verhaltens seiner Partei. Jan Barg trat im Oktober 2012 mit Argumenten gegen die Ansiedlung als OB-Kandidat an. Unzählige BürgerInnen sorgen für ästhetisch ansprechende „Ausgleichsflächen“ in der Stadt.
2. Ist das Gelände nicht schon ausgeplündert und verwüstet?
Das stimmt nur zum Teil und betrifft hauptsächlich die Lauben und Tore. Vereinzelt wurden illegal Bäume gefällt. Als Teil des Grüngürtels ist das Gelände jedoch unverändert erhaltenswert, es dürfen keine Wege neu angelegt werden, keine Tiefbaumaßnahmen ergriffen werden.
Zudem muss festgehalten werden, dass die meisten Müllberge erst dadurch entstanden sind, dass Mitarbeiter der von Möbel Kraft beauftragten Firma die Lauben aufbrechen und alles incl. Dämmaterial herausräumen und zu Haufen aufschichten. Nach dem Abriss einer Laube verbleiben ebenfalls über viele Tage die Holz- und Schuttberge vor Ort. Es ist richtig, dass es auch schon vorher erheblichen Vandalismus im Kleinen gegeben hat: einzelne Lauben waren verwüstet, etliche Tore aufgebrochen und in den Randbereichen gab es illegale Müllablagerungen. Dies ist aber nichts im Vergleich zu den derzeitigen Vorgängen, die von Möbel Kraft zu verantworten sind (Stand 28.1.14) (Link).
Der Vandalismus war lange geduldet worden: Es hatte bis November 2013 (!) gedauert, bis alle Zuwegungen mit Absperrstangen versehen wurden. Vorher wurde das Befahren der Hälfte der Gänge zugelassen. Ein Sicherheitsdienst (mit einem Mann zu Fuß) kontrolliert das gesamte Gelände z.Zt. bis 20 Uhr, auch im Sommer nicht länger als bis 21 Uhr. Wiederholt hatten wir bei der Eigentümerin, der Stadt Kiel (Möbel Kraft ist laut Kaufvertrag z.Zt nur Besitzer, da es noch keinen rechtskräftigen Bebauungsplan gibt) einen besseren Schutz angemahnt; Bürgermeister Todeskino persönlich hatte einen solchen jedoch nicht für nötig oder möglich erachtet.
3. Haben die Kleingärtner nicht freiwillig ihre Gärten aufgegeben?
Wenn man es freiwillig nennt, wenn fast alle Politiker und die Presse ständig wiederholen, dass alles schon entschieden sei, man eine Bonuszahlung für eigene Kündigung angeboten bekommt und zudem Vandalismus nicht unterbunden wird, dann ja! Es wurde nie gefragt, ob die Kleingärtner auf dem Prüner Schlag/Brunsrade bleiben wollen!
Ubrigens: Als Begründung für diese große Zahl von Müllbergen wird angegeben, dass so volle Lauben nicht erwartet wurden. Aber Möbel Kraft hätte ohne weiteres für die Bonuszahlung eine besenreine Übergabe durch die Kleingärtner vereinbaren können.
4. Müssen die Kleingärtner/die Stadt Kiel jetzt das Geld zurückzahlen?
Nein. Weder die Stadt Kiel für die Gutachten noch die Kleingärtner müssen an Möbel Kraft das Geld für die Abstandszahlungen zurückzahlen, darauf bleibt das Unternehmen sitzen. Die Stadt Kiel hat einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, der genau das regelt und keine Garantie für einen rechtskräftigen Bebauungsplan gibt. Die Kleingärtner sind einen privaten Vertrag mit Möbel Kraft eingegangen: Kündigung gegen Entschädigung + Bonus. Was Möbel Kraft zur Zeit ohne rechtskräftigen Bebauungsplan auf dem Gelände treibt, ist unternehmerisches Risiko (und dient offensichtlich der Beeinflussung des Bürgerentscheids).
5. Schafft Möbel Kraft nicht Arbeitsplätze und mehr Steuereinnahmen?
Das ist unklar: Auch wirtschaftlich gesehen ist dieses Großprojekt höchst zweifelhaft:
- Gewerbesteuereinnahmen: Diese ergeben sich aus dem Gesamtgewinn, von dem die Miete an die Krieger Immobilien GmbH sowie sonstige Abschreibungen abgezogen werden. Im Kaufvertrag heißt es dazu lapidar, dass die Miete die marktübliche Höhe nicht überschreiten darf. Die Krieger Immobilien GmbH zahlt woanders ihre Gewerbesteuer. Zudem ist damit zu rechnen, dass kleinere Möbelhäuser wie Rixen in Friedrichsort oder Brocke in Mettenhof ebenso wie der Einzelhandel in der Innenstadt erheblich leiden; gleiches gilt für die vielen Betten/Matratzengeschäfte, in Teilen (Gartenmöbel, Teppiche) für Baumärkte. Damit ist in diesen Bereichen mit Gewerbesteuereinbußen zu rechnen.
- Arbeitsplätze: In der Präambel des Kaufvertrages heißt es dazu, dass Krieger beabsichtigt, mindestens 250 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Mehr als eine Absichtserklärung liegt nicht vor! Aus dem Lärmemmissionsgutachten wissen wir, dass Krieger 60 Mitarbeiter für Möbel Kraft, 20 für Sconto plant in 2 Schichten. Aus der KN vom 25.1.14 wissen wir, dass Sconto in Schwentintal geschlossen werden soll bei Kieler Eröffnung und dass 50 Mitarbeiter aus Bad Segeberg kommen sollen. Das gibt also etwa 94 neu zu schaffende Arbeitsplätze, auf die sich natürlich auch Nicht-Kieler bewerben dürfen. Dagegen gerechnet werden müssen noch Stellenkürzungen in der Innenstadt, bei Baumärkten, Bettenhändlern und anderen Möbelhäusern…
- übrigens arbeiten 1634 Kieler in Raisdorf/Schwentinental auf sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen.
6. Was ist der größte Skandal an der ganzen Geschichte?
Der größte Skandal ist, dass das Gelände bereits an Möbel Kraft verkauft wurde, bevor es überhaupt einen Bebauungsplan gab. Das Bauleitplanverfahren ist nicht nur ein technischer, sondern auch ein demokratischer Prozeß, hier werden z.B. eine Reihe von Gutachten erstellt, zu Verkehr, Einzelhandelsverträglichkeit, Umwelt etc., mit deren Hilfe eigentlich beurteilt werden soll, ob das Projekt überhaupt nach Abwägung aller Belange tatsächlich durchzuführen ist oder nicht. Im weiteren Verlauf ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen, die aber für die Entscheidungsfindung unserer Ratsversammlung offensichtlich komplett irrelevant war. Stattdessen wurde dem Investor sogar gestattet, die Kleingärtner auszuzahlen und einen Teil der Lauben abzureißen.
Mit dem Verkauf des Geländes vor B-Plan und der nachträglich genehmigten Erlaubnis zum Laubenabriss trotz anstehendem Bürgerentscheid wurden demokratische Errungenschaften und Rechte von der Ratsversammlung mit Füßen getreten. Aber nun haben wir die Möglichkeit, unsere Rechte nachträglich durchzusetzen und für einen Planungsstopp zu stimmen.
7. Was soll mit dem Gelände im Falle eines mehrheitlichen „Ja“ beim Bürgerentscheid passieren?
Das freiräumliche Leitbild Kiel gibt darauf eine klare Antwort: Sollte die Kleingartennutzung nachlassen, so soll das Gebiet als Erholungsraum und Biotopverbund erhalten bleiben. Falls sich also nicht wieder genügend Menschen finden, die hier wieder geschützt Kleingärten pachten und pflegen wollen, so sind die ungenutzten Bereiche weiter als Grünfläche zu verwenden. Wie genau das dann aussehen sollte, müsste in einem Werkstattverfahren mit Interessierten, Anwohnern und Kleingärtnern geklärt werden. In anderen Städten werden aus solchen Gebieten Kleingartenparks mit vielfältiger Nutzung , z.B. die „Hansastraße“ in Dresden. Dies wird auch in den aktuellen Leitlinien des deutschen Städtetages zum Kleingartenwesen empfohlen!
Ja zur Grünen Lunge
Ja zum Kieler Grüngürtel
Ja beim Bürgerentscheid zum Planungsstopp des Möbelzentrums